Arbeitszimmer: Unentgeltlich tätiger Ehegatte

Bei Steuerpflichtigen, die mehreren Tätigkeiten zur Erzielung von Einkünften nachgehen, ist der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung qualitativ im Rahmen einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festzustellen. In diesem Fall war zu klären, ob das Arbeitszimmer, das von der Ehefrau eines Steuerpflichtigen unentgeltlich genutzt wird, als Bestandteil des häuslichen Arbeitszimmers dieses Steuerpflichtigen anerkannt werden kann. Die zentrale Frage ist, ob dieser Raum steuerlich dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden kann und somit die hierauf entfallenden Kosten als Betriebsausgabe abzugsfähig sind.

Praxis-Beispiel:
Die Ehefrau eines Steuerpflichtigen nutzte für ihre unentgeltlichen Tätigkeiten, die sie gegenüber ihrem Ehemann erbrachte, ein häusliches Arbeitszimmer ihres Ehemanns. Streitunkt ist die zentrale Frage ist, ob dieser Raum steuerlich dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden kann, sodass die Ausgaben somit als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Finanzamt und Finanzgericht lehnten es ab, insoweit eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Der Bundesfinanzhof hält es für möglich, dass ein Arbeitszimmer, das hauptsächlich von der Ehefrau des Steuerpflichtigen zur Verwaltung der Musikschulen des Ehemanns genutzt wird, als Teil des häuslichen Arbeitszimmers des Steuerpflichtigen betrachtet werden kann. Dies basiert auf der funktionalen Verbindung zwischen den beruflichen Aktivitäten des Steuerpflichtigen und den Tätigkeiten seiner Ehefrau. Zudem betonte der BFH, dass die Haupttätigkeit des Steuerpflichtigen, nämlich der Betrieb der Musikschulen, qualitativ im häuslichen Arbeitszimmer liegen könnte, da die zentrale Verwaltungs- und Organisationsarbeit überwiegend dort stattfindet und der persönliche Unterrichtsanteil in den Musikschulen gering ist.

Deshalb gewährte der BFH eine teilweise Aussetzung der Vollziehung der Steuerforderungen, zumal weitere Rechtsfragen zu klären sind. Eine Sicherheitsleistung wird dabei nicht verlangt, da die Rechtmäßigkeit der Steuerforderungen fraglich ist und die Finanzbehörde keine Gefährdung der Steuererhebung dargelegt hat.

Bei Steuerpflichtigen, die mehreren Tätigkeiten zur Erzielung von Einkünften nachgehen, ist der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung qualitativ im Rahmen einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festzustellen. Es ist zwar nicht erforderlich, alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunkts der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen, um auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit, ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen und den Zeitaufwand abzustellen, der auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfällt. Ggf. ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls wertend zu entscheiden, ob die Gesamttätigkeit einem einzelnen qualitativen Schwerpunkt zugeordnet werden kann, und ob dieser im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Abzustellen ist dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung und nicht auf die Vorstellung des betroffenen Steuerpflichtigen.

Fazit: Bei summarischer Betrachtung kann der Tätigkeitsmittelpunkt des Ehemanns durchaus im häuslichen Arbeitszimmer liegen. Auch, wenn das Arbeitszimmer überwiegend von der Ehefrau genutzt wird. Die entgültige Entscheidung muss jetzt das Finanzgericht treffen.

Quelle: BFH | Beschluss | VIII S 27/24 – AdV | 17-11-2025
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