Ausfall einer privaten Darlehensforderung

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Der Verlust kann erst dann berücksichtigt werden, wenn endgültig feststeht, dass der Schuldner keine (weiteren) Zahlungen mehr leisten wird. Bei einer insolvenzfreien Auflösung einer Kapitalgesellschaft kann davon regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation ausgegangen werden (sofern sich nicht aus besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes ergibt).

Praxis-Beispiel:
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der im Jahr 1993 gegründeten GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM. Der Kläger und seine Ehefrau gewährten der Gesellschaft Darlehen, und zwar am 1.8.2010 und am 1.8.2011 über jeweils 10.000 €, am 10.1.2012 über 128.000 €, am 28.6.2013 über 40.000 € und am 4.11.2013 über 10.000 €. Die nicht besicherten Darlehen waren jeweils mit 5% p.a. (endfällig) zu verzinsen. Durch Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2014 wurde die GmbH zum 31.12.2014 aufgelöst; die Auflösung wurde am 15.1.2015 im Handelsregister eingetragen. Nach Beendigung der Liquidation wurde die GmbH am 7.4.2016 gelöscht.
Das Darlehen über 130.000 € wurde in der Zeit vom 14.04. bis zum 21.11.2014 zu rund 60% zurückgezahlt; offen blieb ein Betrag in Höhe von 51.234,17 €. Eine Rückzahlung auf die im Jahr 2013 gewährten Darlehen unterblieb jedoch. Die rückständigen Zinsen für die Darlehen beliefen sich auf 20.279,58 €.

Das Finanzamt berücksichtigte den Ausfall der Darlehensforderung nicht, soweit sie auf die Ehefrau entfielen. Das Finanzgericht hat den Ausfall der Darlehensforderung aus dem Darlehen vom 10.01.2012 in Höhe von 51.234 € (hälftig) als Verlust der Ehefrau bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Das Finanzamt hat dagegen Revision eingelegt.

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzgericht den Ausfall der Darlehensforderung aus dem Darlehen vom 10.01.2012 in Höhe von 51.234 € zu Recht (hälftig) als Verlust der Ehefrau bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Dabei gilt als Veräußerung auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Gewinn ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten.

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Wegen der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung folgt, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust führen kann. Wirtschaftlich betrachtet macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie – weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft – behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 5/20 | 26-10-2020
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